Musikalischer Adventskalender 2025
“Ob es ein seligeres Elend gibt?”
Eine Online-Initiative
von Yeran Kim und Clemens Müller
Liebes Publikum:
Hier finden Sie die im Rahmen des Adventskalenders 2025 veröffentlichten Videos, aufgenommen gemeinsam mit Studierenden der Musikhochschulen Feldkirch, Zürich, Köln und Karlsruhe.
Lesen Sie
hier mehr zu dieser Initiative.
Klicken Sie einfach auf einen der nummerierten roten "Knöpfe", dann startet das Video des
betreffenden Tages mit der Aufführung des beschriebenen Werkes.
Die Türchen werden jeweils am Vorabend aufgesperrt.
Das erste Türchen enthüllt einen ganz besonderen Schatz: Das vielleicht schönste Lied des Brahms-Freundes Julius Otto Grimm. Eine wunderbar träumerische Inszenierung von Goethes Abendbild “Dämmerung senkte sich von oben”, in dem sich die Grenzen der Wahrnehmung auflösen, die Nähe fern wird, oben und unten in Licht und Finsternis zerfließen. Sie finden hier die Ersteinspielung dieses Liedes.
Julius Otto Grimm: Dämmerung senkte sich von oben
(Goethe) op. 18, 3
Julika Hing, Mezzosopran
Clemens Müller, Klavier
Wie anders nimmt man doch Erlebtes wahr, wenn man es rückblickend betrachtet. Leo Blech scheint in
diesem Lied von 1902 nostalgisch in alten Fotoalben zu blättern um überrascht festzustellen: Ich war geliebt!
Wieder finden Sie hier die Ersteinspielung.
Leo Blech: Ich hab geliebt (Kent) op. 9a, 1
Yukari Fukui, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Wer kennt es nicht, das berühmte Volkslied, in Kinderzeiten
so oft gesungen, dass uns der tragische Inhalt des Gedichts kaum noch erreicht. Der 21-jährige Adolf Jensen vertonte diese alte Geschichte vermutlich schweizerischen Ursprungs von nächtlicher Liebessehnsucht als sein Opus 1.
Wir präsentieren hier eine Ersteinspielung.
Adolf Jensen: Wenn ich ein Vöglein wär (trad.) op. 1, 5
Anjulie Hartrampf, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Ein überschwängliches Lied des 28-jährigen Julius Otto Grimm, der sich für die Werke seines Freundes Johannes Brahms fast mehr einzusetzen schien als für die eigenen. Bedeutendere Berühmtheit blieb ihm daher auch zu Lebzeiten versagt. “Wie wäre das aber auch möglich gewesen bei einem Künstler, der sich in seinem ganzen Leben stets in vornehmer Bescheidenheit zurückgehalten und nie den Ehrgeiz gehabt hat, die Welt mit seinem lauten Ruhme zu erfüllen?” (Der Geiger Richard Barth über Julius Otto Grimm)
Julius Otto Grimm: Mit unnennbarer Seligkeit
(Rollett) op. 7, 6 (Ersteinspielung)
Alice Fuder, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Ganz ungewöhnliche Frühlingsgedichte komponiert Felix Blumenfeld in seinem Liederzyklus “Frühling” von 1910,
mitten zwischen den revolutionären Umstürzen im russischen Zarenreich. Der Frühling tritt hier als Bedrohung für ein verletztes, erschöpftes Herz auf, das sich seinen
Frieden teuer erkauft hat. Valerie Haunz singt das
Lied in der russischen Originalversion.
Felix Blumenfeld: Ich bitte um Gnade
(Merezhkovsky) op. 41, 1 (Ersteinspielung )
Valerie Haunz, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Luise Greger gehört zu den Komponistinnen, deren umfangreiches Liedwerk erst in den letzten Jahren
wieder Beachtung gefunden hat - und zwar durch den Dachboden-Fund einer Truhe mit Noten!
Die begnadete Sängerin und Pianistin studierte in Berlin und hat die offizielle Berufsbezeichnung “Komponistin” von Richard Strauss erhalten.
Luise Greger: Auf den Schwingen der
Nacht (Hertel) op. 125, 1
Veronika Vetter, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Dieser virtuosen Szene liegt ein deutsches Gedicht
zugrunde, das eine leider nicht mehr näher zu
identifizierenden “Mme. Junge” verfasst hat, der die Komposition auch gewidmet ist. FelixBlumenfeld vertonte
hier allerdings die französische Übersetzung, die eine nächtliche Landschaftbeschwört und dramatisch an die eigene vergangene Jugend erinnert.
Felix Blumenfeld: La nuit (Junge) op. 9, 3
(Ersteinspielung)
Yukari Fukui, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Mutig, wie Goethe 1775 eine selbstbewusste Frau in Szene setzte, wegen einer unehelichen Schwangerschaft angeklagt. Im Entstehungsjahr war Goethe noch als Advokat in Frankfurt tätig und schildert hier wahrscheinlich ein reales Erlebnis.
Dramatisch vertont wurde das Gedicht von Viktor Bendix, einem dänischen Komponisten und Schüler von Franz Liszt.
Viktor Bendix: Vor Gericht (Goethe) op. 18, 4
(Ersteinspielung)
Julika Hing, Mezzosopran
Clemens Müller, Klavier
Der Komponist Tomás Bretón erlangte Berühmtheit vor
allem durch seine spanischen Volksopern, die sogar an
der Wiener Hofoper gespielt wurden. Seine Lieder komponierte er in demselben glutvoll spanischen Kolorit.
Tomás Bretón: Saeta que voladora (Der fliegende Pfeil)
(Becquer, Ersteinspielung)
Anjulie Hartrampf, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Auch Johannes Brahms hat das charmante Gedicht von den erblühenden Blumen in Musik gesetzt - allerdings 16 Jahre nach seinem Freund Julius Otto Grimm, der in seiner Vertonung von 1858 subtile Zitate des kürzlich verstorbenen Robert Schumanns einflicht.
Julius Otto Grimm: Dein Herzlein mild (Heyse) op. 6, 4
(Ersteinspielung)
Valerie Haunz, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Ein virtuoser Geistertanz, typisch für das virtuose Jugendwerk des Komponisten aus Königsberg.
Adolf Jensen: Geister der Nacht (Hamerling) op. 24, 4
(Ersteinspielung)
Natascha Young, Sopran
Clemens Müller, Klavier
“Meiner lieben Frau gewidmet” schreibt Leo Blech über
das zweite Lied aus dem Zyklus der 3 Gedichte op. 9a,
das als wiegende Barkarole beginnt und sich zu einem rauschhaften Höhepunkt steigert.
Leo Blech: Aus der Ferne in der Nacht (Bierbaum) op. 9a, 2
(Ersteinspielung)
Yukari Fukui, Sopran
Clemens Müller, Klavier
“Ich wollte meinen Brief mit einem Blick in Ihre Augen schließen”, so schreibt Bettina Brentano (Bettina von Arnim) 1807 an Goethe, den dieser Brief vielleicht zu seinem Sonett inspiriert hat. Bekannt sind die Vertonungen von Mendelssohn, Brahms und Schubert, die allerdings
nicht annähernd so leidenschaftlich sind wie dieses
Lied von Leo Blech.
Leo Blech: Die Liebende schreibt (Goethe)
Alice Fuder, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Schon das Ehepaar Schumann hat für musikalische Liebesbotschaften gerne die Botanik bemüht. In
diesem Lied erwartet eine Lilie in der Hitze des Sommers
ein aufziehendes Gewitter. Der 28-jährige Felix Blumenfeld vertont ein Gedicht von Jakov Polonsky und widmete es bezeichnenderweise dessen Tochter Natalja.
Felix Blumenfeld: Die Lilie (Polonsky) op. 15, 4
(Ersteinspielung )
Julika Hing, Mezzosopran
Clemens Müller, Klavier
Nostalgie spielt eine wichtige Rolle in der Kunst der Jahrhundertwende, so auch in den Liedern von Felix Blumenfeld, der hier verklärt auf die eigene Jugendzeit zurückblickt. Dem französische Liedtext liegt ein
Gedicht von Alexander Puschkin zugrunde.
Felix Blumenfeld: Je ne regret (Puschkin/Ruelles)
(Ersteinspielung)
Yukari Fukui, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Der Liederzyklus “Frühling” von Felix Blumenfeld beschreibt das Aufkeimen einer neuen Liebe lediglich anhand der Gefühlszustände des Erzählers - ähnlich wie Arnold Schönbergs “Buch der hängenden Gärten” wenige Jahre
zuvor. Die heutige Aufnahme präsentiert das 2. Lied des Zyklus', das die Wende von Winter zu Frühling beschreibt
und in einem fulminanten Klaviernachspiel gipfelt.
Felix Blumenfeld: Noch liegt die Welt in Traurigkeit
(Ersteinspielung)
Valerie Haunz, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Ein träumerisches Nachtstück beschreibt den verstohlenen Blick durchs Fenster der Geliebten. Julius Otto Grimm
hat das Lied der Sängerin Hedwig Kiesekamp gewidmet,
die sich sicherlich genauso über die hohen Töne am
Ende des Stücks gefreut hat wie Alice Fuder.
Julius Otto Grimm: Nachts (Oeynhausen) op. 20, 3
(Ersteinspielung)
Alice Fuder, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Die kapriziöse Philine aus Goethes Roman “Wilhelm
Meisters Lehrjahre” wurde in der Lied-Literatur häufig inszeniert. Völlig übersehen wurde dabei diese quirlige
Party-Nummer des dänischen Komponisten
Viktor Bendix mit Ohrwurm-Qualität.
Viktor Bendix: Singet nicht in Trauertönen
(Philines Lied) (Goethe) op. 18, 6
(Ersteinspielung)
Julika Hing, Mezzosopran
Clemens Müller, Klavier
Mit wunderschönen Melodien vertont Felix Blumenfeld
diese melancholischen Gedanken von Alexander Pushkin,
die sich zu einem raschhaften Höhepunkt steigern.
Die Ähnlichkeit zur Musik des 10 Jahre jüngeren Sergej Rachmaninov ist unverkennbar.
Felix Blumenfeld: Elegie op. 15, 5 (Pushkin / Ruelle)
(Ersteinspielung)
Natascha Young, Sopran
Clemens Müller, Klavier
Für Adolf Jensen waren lange Waldspaziergänge mehr
als nur Erholung - sie gehörten zur Therapie für sein s
chweres Lungenleiden. Die Hoffnung auf Linderung veranlasste ihn zu häufigen Umzügen u.a. nach Graz, Königsfeld im Schwarzwald und schließlich nach Baden-Baden, wo er sich mit Johannes Brahms anfreundete. Dort vertont er dieses Wald-Gedicht des ersten deutschen Literatur-Nobelpreisträgers Paul Heyse.
Adolf Jensen: Im Walde (Heyse) op. 22, 4
(Ersteinspielung)
Anjulie Hartrampf, Sopran
Clemens Müller, Klavier
